Querschläger go Donauinsel

Eine subjektiv-emotionelle Dokumentation

Fotos: Andreas Hauch, Gabi Messner, Heimo Lamm

Vorgeschichte I:

Lungau, nächtliches Longafest, Sommer 1982: In den frühen Morgenstunden, mittelschwer illuminiert von einer erklecklichen Anzahl von roten Dopplern (damals "Bomben" genannt) und einer endlosen Blues-Session am Lagerfeur lehnt sich Reini zu Fritz hinüber und sagt den legendären Satz: "Hey, du hast a Stimm fia 30.000 Leit!"

Vorgeschichte II :

Nach einem langen Arbeitstag und einem Konzert in Attnang Puchheim, das unser Sänger Fritz wegen starker Zahnschmerzen nur mit starken Dopingmitteln singen konnte, machten wir uns in der Nacht vom 22.9. auf 23.06. 2007 um halb eins auf den Weg nach Wien. Es regnete in Strömen und auf der A1 waren höchstens 100 Sachen drin, gefühlte Fahrdauer: 12 Stunden. Irgendwann in der Nacht checkten wir im Hotel Wimberger am Neubaugürtel ein und fielen in die Betten.

23.06.2007

7:15 - Der Wecker tat seine grausige Pflicht und wir kämpften uns nach 3 Stunden Schlaf durch den morgendlichen Gürtelverkehr Richtung Donauinsel. Kurz vor Klosterneuburg drehten wir um - vielleicht hätte doch nicht der anscheinend noch immer restgedopte Fritz die Orientierung übernehmen sollen - kamen aber nach 5 Kontrollen und nach 2 Diskussionen um unsere Sonderspezialparkgenehmigungen gerade noch rechtzeitig auf die Insel und zu unserem Soundchecktermin.

09:00 - Die Bühne war ungefähr so groß, wie die Zuschauerflächen bei anderen Open-Airs und der Publikumsbereich hätte locker gelangt, um einen Airbus landen lassen zu können (zumindest wirkte das alles im ersten Augenblick so)

Der Soundcheck lief so freundlich, hurtig und professionell ab, dass wir keine Sekunde das Gefühl hatten, wir wären hier nur Statisten oder ähnliches.

10:00 - Nach einer guten dreiviertel Stunde war die Sache vorbei. Wir schauten uns noch einen Teil des Soundchecks von Rainhard Fendrich und Band an und machten uns dann auf den Heimweg ins Hotel, um noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Wir ließen die Autos auf der Insel, fuhren mit der U 6 zurück in die Stadt und gingen dann zu Fuß ins Hotel, um noch ein paar Stunden Schlaf zu kriegen.

12:30- Folgender Vorfall: 2 Querstraßen vor dem Hotel am Neubaugürtel ist ein Billa. Franz fällt ein, dass er sein Zahnbürschtl vergessen hat und er geht hinein, um sich eins zu kaufen. Hiasi sagt, er will sich was zu trinken kaufen. Der Herdentrieb tut seine Wirkung, nach und nach fällt jedem etwas kaufenswertes ein und wir gehen ALLE (!!!) in den Billa. Wir sind gerade in oder knapp vor der Tür, als es irrsinnig quietscht weil ein Autofahrer, der eine rote Ampel übersehen hat, die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Der Wagen schert bei der Vollbremsung aus, springt über die Gehsteigkante, kracht in die Hauswand und schlittert anschließend in einem Höllentempo quer über den Gehsteig, und zwar haargenau dort, wo wir gewesen wären, wenn wir nicht in den Billa abgebogen hätten. Der Wagen mäht alles nieder, bevor er zum Stillstand kommt. "Alles" sind zum Glück nur ein paar Verkehrszeichen, die er wie Zündhölzer knickt oder ausreißt, denn, obwohl die Straße um die Mittagszeit äüßerst belebt ist, geht vor uns zufällig niemand auf dem Gehsteig.

Danke Franz ! Danke Zahnbürschtl ! Danke Billa ! Danke kosmisches Timing, Danke ............................... ???

Geschlafen haben wir dann allerdings auch nicht mehr sehr gut und sehr viel.

16:30 - Zusammenkunft der gesamten Querschläger-Familie samt Frauen und Kindern im Backstagebereich der Hauptbühne. Da es in unseren Garderobe-Wohnwägen zu heiß war, haben wir es uns einfach so gemütlich gemacht, das vortreffliche Catering genossen und das zweieinhalb Stunden dauernde Konzert der "Haluzination Company" mit allen bekannten Mitgliedern der letzten 30 Jahre (Vickerl Adam, Hansi Lang, Tini Kainrath, Andy Baum etc.) wie eine Geschichtsstunde der österreichischen Rockmusik an uns vorüberziehen lassen.

Es gab auch Zeit für manches Pläuschchen unter Musikern, denn es war so etwas wie ein Salzburger-Tag auf der Donauinsel-Hauptbühne. Neben uns sieben waren auch noch in der Extra-Combo von Willy Resetarits mit Stefan Schubert, Klaus Kircher, Peter Angerer, Herbert Berger und Chris Heizmann fast nur Salzburger Musiker aktiv.

Kurz nach halb acht wurde es dann ernst. Kurzes Auftrittsritual und ab gings.

Wir standen schon hinter der Bühne und warteten auf unseren Auftritt, als uns ein netter junger Herr von Radio Wien mit folgenden Worten ankündigte:

"Als nächstes spielt jetzt eine völlig unbekannte Band aus Salzburg, die .... äh ..... äh ..... aj ja, die ... äh ... Querschläger"

Zwischen den Zeilen klang das etwa wie ein allgemeiner Aufruf: Wer noch was essen oder trinken oder sonst was tun will, sollte das jetzt machen. Der liebe Mann hatte allerdings das Glück, dass wir ihn vor dem Auftritt nicht mehr zu fassen kriegten, weil sich wirklich der Großteil der Leute zu den Versorgungszelten am Rande des Publikumsbereichs aufmachte und es vor der Bühne relativ leer wurde.

Dass er den Abend trotzdem überlebt hat, ist nur aus dem Sachverhalt heraus zu erklären, dass wir ihm im Nachhinein eigentlich dankbar sein müssen, denn: Als sich nach unserer ersten Nummer der Platz vor der Bühne wieder zu füllen begann und nach 3 oder 4 Nummern um gut ein Drittel mehr Leute im Publikum waren als vor unserem Auftritt, wussten wir, dass die nun wirklich alle wegen uns (wieder) gekommen waren und nicht nur ihren guten Platz für die Konzerte nachher sichern wollten.

Und ab dann war es sowieso nur mehr der Wahnsinn:

siehe Bild unterhalb: Hiasi & Security

 

Unser Donauinsel-Set

wo dahoam (?)
schalala
autobahn
nudlfett
wassabloach
buttableame
da tamische franz
wigei wagei
ignorantnplattler
nane mei nane
rock & roll
ioäuaua

(wüdsau)

von oben

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von vorne

aus der Mitte, vom Mischpult aus.....

von ganz oben ........................................... und von ganz ganz hinten

Nach etwa 55 Minuten gingen wir unter Zugaberufen von 35.000 Leuten von der Bühne, und das, obwohl wir durch ein Missverständnis die geplante letzte Zugabe "Wüdsau" nicht mehr spielen konnten. Das wäre zwar noch der absolute Hammer gewesen, war uns in dem Moment aber eigentlich völlig egal.

Wir waren einfach nur fertig, irgendwie leer und einfach glücklich, das alles erlebt (und überlebt: siehe oben) zu haben.

Wir schauten uns noch das Konzert von Willy Resetarits und das feuerwerk an und standen dann am Ende beim Konzert Rainhard Fendrichs (der für den nur 2 Tage vorher verstorbenen Georg Danzer eingesprungen war,) im seitlichen hinteren Bühnenbereich und schauten auf (laut Presse) 200.000 Leute im Publikum hinunter.

(Bild: Die kleine, weiße Figur rechts ist Fendrich in Aktion, teilweise verdeckt von Hiasis markantem Gesichtsprofil)

Da wir dann, zurück im Hotel nach diesem Tag sowieso wieder nicht schlafen konnten, trafen wir unseren alten Freund Jameson aus Irland und der nahm uns wieder einmal bis zur Sperrsunde in Geiselhaft an der Hotelbar.

Kurz bevor uns der nette Barkeeper endgültig hinauskomplimentierte, drehte sich Reini auf seinem Barhocker noch zum Fritz hin und sagte: " I hab da's ja damals eh gsagt in da Longa, du hast a Stimm fia 30.000 Leit!"

Einfach ein Prophet, unser Reini..................

* * *

Abschließend möchten wir Karl Scheibmaier von Scheibmaier Promotions danken, der das Risiko eingegangen ist und uns Innergebirgler bei diesem Festival zu dieser Zeit auf diese Bühne gestellt hat. Es wäre auch leicht möglich gewesen, dass uns 25.000 Leute gnadenlos heruntergepfiffen hätten. Danke !